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Rundbrief 1
09.12.08 advent advent
Rundbrief2
 

Rundbrief 1


Meine ersten Schritte in eine andere Welt
Akwaaba (= Willkommen) in Ghana

Da ich nun seit fast zwei Monaten in Ghana bin, wird es hoechste Zeit zu berichten.
Einerseits kommt es mir wie eine Ewigkeit vor, als wir am 14. September, am fruehen Abend in Accra gelandet sind, sicherlich aufgrund der unzaehligen Erlebnisse in der Zwischenzeit, auf der anderen Seite, sind mir auch die ersten Eindruecke noch sehr praesent.
Ueber Wochen hinweg, habe ich mir diesen Moment herbei gesehnt und vorgestellt und dann, nach weniger als acht Stunden Flugzeit, wird die Vorstellung ploetzlich zur Realitaet.
Zu Beginn schien es mir unmoeglich, all die Eindruecke zu fassen und zu verarbeiten. Manches ist, aehnllich wie ich es mir vorgestellt habe und dennoch, alles ist anders. Im Folgenden werde ich versuchen ein Bild dessen zu schaffen, was ich hier bis jetzt erlebe und wie ich mich fuehle. Auf einige Aspekte werde ich in weiteren Berichten detailierter eingehen.

Warme, tropische Luft umgibt mich, Gerueche und Geraeusche, wie ich sie mir monatelang vorzustellen versuchte. Frauen und Kinder, die Waren auf dem Kopf tragen und im chaotischen Verkehr Accras auf Kundensuche sind, direkt, aber doch nicht unhoeflich oder aufdringlich. Und dann ist da die Tatsache, dass alle Menschen eine andere Hautfarbe haben, waehrend ich weiss bin, sehr weiss, so kommt es mir vor, wenn ich bemerke, wie sehr ich auffalle.
So erlebe ich Ghana in den ersten Tagen.
Schnell wird mir bewusst, was es bedeutet, „anders“ zu sein und nicht der Mehrheit anzugehoeren. Meine Hautfarbe faellt auf, ich verkoerpere eine andere Welt, womoeglich assozieeren die Menschen hier „uns Weisse“ mit Geld und prunkvollen Schloessern. Vielleicht fragen sie sich, was ich hier will. All diese Gedanken schiessen mir durch den Kopf.
Jetzt lerne ich kennen, was es bedeutet eine Minderheit zu verkoerpern, fremd zu sein, umgeben von einer unbekannten Kultur.

Meine Eindruecke der ersten zwei Wochen, teile ich aber gluecklicherweise mit den anderen fuenf Ghana-Freiwilligen, was fuer mich sehr wichtig ist, um Erlebtes gemeinsam in Gespraechen zu verarbeiten.

Nach einer kurzen, geraeuschvollen Nacht in einem Guesthouse von Accra, werden wir zuerst im Headoffice der „Presbyterian Church of Ghana“, kurz „PCG“ vorgestellt um dann nach Abetifi zu fahren, einem Ort nordoestlich von Accra un der „Eastern Region“. Die eigentliche Einsatzstelle von Volunteer Felix, der dort in einem Solarprojekt arbeitet, dient uns allen als ein sanfter Uebergang in eine andere Welt.
Die Zeit in Abetifi ist im nachhinein als „Ghana- Kultur-Testgelaende“ zu bezeichnen. Wie in Watte gepackt, ist es uns erlaubt all die kulturellen Fragen an unseren Teacher Yaw (unser Twi- und Kulturlehrer) zu richten, auch ist er nie muede uns auf die Fettnaepfchen hinzuweisen, in die man tritt, wenn man sich auf unbekanntem Terrain bewegt. Neu erlernte Saetze in Twi, werden beim Spaziergang durch den Ort erprobt., fast kommt es mir vor, als seien die Menschen ueber unseren Lehrplan informiert, denn an keinem Haus, oder „Shop“ kommen wir ohne eine Unterhaltung/Begruessung auf Twi vorbei. Umringt sind wir hierbei stets von einer Horde Kinder, fuer die es wie ein Spiel zu sein scheint, uns im Chor zuzurufen. „Obruni“, was soviel heisst, wie „weisser Mensch“ und aeusserst freundlich gemeint ist. Warum ich diese Zeit als „Testgelaende“ bezeichnen muss, wird mir klar als die Gruppe sich trennt und jeder von uns einen individuellen Weg einzuschlagen hat, in die jeweiligen Einsatzstellen, ohne Teacher Yaw, der uns an die Hand nimmt, um Schritt fuer Schritt der Kultur naeher zu kommen.
Nach wunderschoenen zwei Wochen mit Lena, Lisa, Anja, Franziska und Felix, hiess es also Abschied nehmen und “ins kalte Wasser springen“.
Lena und Anja in Richtung Agogo in ein Krankenhaus, Lisa nach Akropong in ein theologisches Center, Franziska nach Abokobi in ein Frauenzentrum und ich nach Duayaw Nkwanta ins „Margaret Buechner Girl’s Vocational Institute“.
Der Abschied von den anderen faellt mir schwer, da wir in dieser Zeit als Gruppe sehr zusammengewachsen sind und unsere ersten Ghana-Erlebnisse teilen. Hinzufuegen muss ich, dass Auffallen in der Gruppe einfacher und oftmals auch amuesanter ist, wie ich es hier in Duayaw Nkwanta manchmal vermisse.

Aller Anfang ist schwer...

Meine Fahrt nach Duayaw Nkwanta bestreite ich oeffentlich, jedoch nicht alleine. Mein Kollege Ebenezer holt mich nach langer Zeit des ungewissen Wartens ab. Mit Taxi, Trotro (busartiges Gefahert) und schliesslich einem groesseren Reisebus, erreiche ich voellig erschoepft aber gluecklich meinen neuen Heimatort auf Zeit: Duayaw Nkwanta in der Brong-Ahafo Region.
Was ich hier zu sehen bekomme, ist ein grosszuegig angelegtes, bewachsenes Gelaende, auf dem sich mehrere Gebaeude befinden, die alle zur Schule gehoeren.
Meine Gastmutter Madam Pat, Lehrerin in der Schule , und ihre beiden Toechter Nat, 19 Jahre und Moami, 4 Jahre alt, empfangen, die etwas neben sich stehende, Annika herzlich. Madam Pat fuehrt mich in mein gemuetliches Zimmer, in welchem ich versuche mich zu ordnen, angekommen an einem Ort an dem ich fuer fast ein Jahr bleiben will. So ist es sicherlich verstaendlich, dass ich mein Zimmer etwas genauer unter die Lupe nehme, muss jedoch sagen, dass ausser einer unbrauchbaren Matratze, lediglich ein Fenster neben meinem Bett, hin zum Gang, zu Irritationen fuehrt und wie ich feststellen muss, mir noch die ein oder andere klangvolle Naechte bescheren wird. Immer dann, wenn Nat, oder ihre Mutter sich entschliessen, um 04:00h aufzustehen um Waesche zu waschen und dabei nicht muede werden, lauthals ghanaische Lieder zum besten zu geben. (Schlaf scheint hier nicht so sehr von Noeten zu sein, lieber haben sie am Tag mehr Zeit, so die Begruendung auf meine Frage hin, warum sie denn diese Arbeit nicht tagsueber verrichten).

Mit dem Wissen im Hinterkopf, die sechste Freiwillige zu sein, mit der sich die Familie das Haus teilt, ist es sinnvoll, so denke ich, die Balance zu finden, zwischen unauffaellig sein, nicht zu stoeren, um jedem im Haus Privatssphaere zu lassen und gleichzeitig Teil dieser „Wohngemeinschaft“ zu werden und Interesse zu zeigen. Was in einem Satz einfach erklaert ist, stellt sich in Realitaet, mit Sprach- und Kulturunterschieden, als eine echte Herausforderung dar. Erschwerend kommt hinzu, dass meine eigentlich, eher direkte und offene Art, die Dinge anzusprechen, hier enorm gebremst wird. Kurz gesagt, es faellt mir schwer ich selbst sein zu koennen, bzw, mich so zu verhalten, wie ich es in meiner eigenen, bekannten Umgebung praktizieren wuerde. Auch wenn dieses Empfinden keine Ueberraschung ist, oft genug haben wir in der Vorbereitung diese Schwierigkeiten angesprochen, zwischen Theorie und realem Erleben liegen oftmals Welten.

Diesen Zwiespalt verursachen mehrere Faktoren. Ein, sich lohnender Punkt der Erlaeuterung, ist, dass Thema Essen. Vorgesehen ist, dass ich mit den Schuelerinnen gemeinsam esse, was ich eigentlich auch genau so mache, weil es mich in ihren Alltag einbindet und ein wichtiger Bestandteil der ghanaische Kultur ist. Gleichzeitig steht mir aber eine kleine Kueche im Haus zur Verfuegung, die mir Raum bietet, zwischendurch „gewohntes Essen“ zu bereiten, oder Wasser abzukochen, falls meinem Magen mal nicht nach Banku zumute ist. (Ein dicker Klos, der sauer schmeckt und von der Konsistenz rohem Teig gleicht, eigentlich aber Mais darstellen soll. Nicht zu vergessen ist die schleimartige Sosse, in der „zur Kroenung“,Fischkoepfe, oder diverse andere „Delikatessen“ herumschwimmen kurzum, fuer mich eine ungeniessbare Angelegenheit.) Hin und wieder produziere ich dann Heimatgefuehle, in Form von Spaghetti, Pfannkuchen oder deutscher Tuetensuppe.
Essen gehoert also eigentlich nicht zu den gemeinsamen „Aktivitaeten“ mit der Familie. Und trotzdem ist es ein grosses und heikles Thema, denn so einfach verlaeuft das nicht in Ghana, es ist voellig natuerlich, zubereitetes Essen, den anderen anzubieten, was aber gleichzeitig nicht bedeutet, dass es immer erwuenscht ist, an einer Mahlzeit teilzunehmen., oder jemanden teilhaben zu lassen.
Manchmal ist es recht deutlich, wenn der Teller nur vermeindlich angeboten wird. Teilweise ist es aber auch unmoeglich, dass angebotene Essen abzulehnen, da es im falschen Moment sehr unhoeflich sein kann, Essen abzulehnen.
Ich habe fuer mich beschlossen, dass es mir keine Schwierigkeiten macht, beispielsweise, einen Pfannkuchen mehr zu machen und ihn anzubieten, im Gegenzug dann aber einer „Fufu-Einladung“ mit besserem Gewissen folgen kann.
Ein weiterer, fester Bestandteil des Familienlebens ist das Thema TV, mit Vorliebe werden nigerianische Filme oder mexikanische Soaps angeschaut, alles etwas Geschmacksache, aber das ist ein anderes Thema. Ich frage mich mich, ob ich stoere wenn ich mit im Wohnzimmer sitze, ob es erwuenscht ist, oder ob es gar verlangt wird. Als Leser mag man nun vielleicht denken, „mach es dir nicht so kompliziert Annika, frag einfach“, aber so einfach ist das nicht, natuerlich kann ich diese Frage stellen, aber nicht mit der Erwartung wirklich eine ehrliche Antwort zu bekommen, der Hoeflichkeitsaspekt wird manchmal hoeher gewertet, als, wie ich es bezeichnen wuerde, Ehrlichkeit. Dennoch, von Tag zu Tag lerne ich mehr von den kleinen, oftmals kaum wahrnehmbaren Zeichen zu deuten, die Teil dieser Kultur sind und auf die es in angemesserener Weise zu reagieren gilt.. Mit meiner Gastfamilie gestaltet sich mein Alltag also von Tag zu Tag einfacher, auch wenn es nicht leicht ist, meine Position zu finden und mich immer nur ueber sehr kleine Erfolge zu freuen. Aber mit der Gewohnheit, wird auch das wohler fuehlen mehr. Die, anfaenglich, etwas ungewohnten Waschzeiten zum Beispiel, sind inwischen normal fuer mich,dennoch bevorzuge ich es, meine Waesche erst Nachmittags zu waschen, aber ich muss ja auch nicht alles nachahmen oder?

Leichte Schwierigkeiten bereitet mir die Sprachbarriere, bzw., meine Twi-Kenntnisse und was damit verbunden ist. Meine Gastmutter Madam Pat, hat ein recht energisches und gut hoerbares Organ, was oftmals dazu fuehrt, dass ich davon ausgehe, es herrsche „dicke Luft“, teilweise liege ich da wohl auch richtig, oftmals endet eine solche Erhebung ihrer Stimme aber in freudigem Lachen und meine Annahme und daraus resultierende Anspannung ist unbegruendet. Eine andere ihrer „Eigenarten“ ist ein furchtbares Kraechzen und Husten, nicht selten auch waherend der Nacht, direkt vor meinem Fenster. Also ab und zu ein „Frosch im Hals“, dass waere ja eine normale Sache, aber das?
In unserem, bis jetzt einmaligen, recht offenem, Gespraech, ueber unsere gemeinsame (Wohn)situation, erklaerte sie mir aber, wie unangenehm ihr dies sei und das sie bald einem Arzt Einblick in ihren Hals lassen wolle. Unter diesen Umstaenden kann ich dieses Problem auch besser akzeptieren und meinen heimlichen Aerger ueber naechtliche Laermstoerungen in Mitleid umwandeln.
Ich nutze die Gelegenheit, dieses offenen Gespraeches auch, um zu vermitteln, dass mir sehr wohl bewusst ist, dass die Siituation fuer sie nicht immer einfach ist. Jaehrlich neue, fremde Menschen aus einer anderen Kultur aufzunehmen. Im grossen und Ganzen denke ich aber, dass wir gut miteinander klarkommen werden, vor allem zu Nat, pflege ich ein freundschaftliches Verhaeltnis, was nur etwas durch ihr „unter der Fuchtel stehen“ gedaempft wird, sie fuehrt nicht das Leben, welches man sich fuer ein 19-jaehriges Maedchen vorstellt, Nat ist fuer alles zustaendig und hat doch keine Freiheiten.

Nun zum Schulalltag und meinen Aufgaben...

Die Schule wird von ca. 40 Schuelerinnen, in drei Klassen, besucht, bzw. bewohnt.
Ein Teil der Maedchen sind „boarding students“ und leben hier, ein geringerer Teil, gehoert zu den „day students“ und wohnt in Duayaw Nkwanta.
Der Schultag beginnt, theoretisch um 06:30h mit dem Fegen des Hofes, der Morgenandacht um 07:30h und dem Unterrichtsbeginn um 07:45h, praktisch verschiebt sich diese Zeitplanung aber recht zuverlaessig um ca. 30min.

„Ich moechte nicht unhoeflich erscheinen, aber kann mir jemand meine Aufgaben erklaeren und wo ist denn das Unterrichtsmaterial?“...

Nachdem ich zu Beginn zuviel Energie verbraucht habe, voellig verzweifelt immer wieder nach Schulbuechern etc. zu fragen, habe ich mich inzwischen daran gewoehnt, mir die Dinge selber zu beantworten, oder jede Menge Geduld aufzubringen um eine Antwort zu bekommen. Mit Informationen ueber den allgemeinen Ablauf, ist mein Kollegium doch recht sparsam, ist ja auch alles nicht so wichtig, so scheint es mir manchmal.
Mit viel Geduld, habe ich herausgefunden, was Unterrichtsinhalt meiner Faecher Hygiene, Computer und Kitchen Frech sein sollte, und nach mehreren Aenderungen des Stundenplanes, weiss ich nun wann mein Unterricht theoretisch stattfinden sollte. Es wird jedoch jede Moeglichkeit genutzt, so habe ich das Gefuehl,die Unterrichtszeit anders zu nutzen. Ob nun das Reinigen der Assemblyhall einen groesseren paedagogischen Lerneffekt hat, lasse ich dahingestellt.
Auf meine Unterrichtsgestaltung und auf weitere Details der Schule, moechte ich erst im naechsten Brief eingehen, da nach ueber einem Monat Schulbeginn, immer noch nicht alle Schuelerinnen anwesend sind und es immer noch etwas dauert, bis ich die Strukturen hier durchschaut habe. Eine kleine Episode aus dem Computerunterricht, moechte ich jedoch anfuehren, weil sie u.a. das, schon erwaehnte Sprachproblem verdeutlicht:
Es sind die letzten beiden Stunden eines Tages, von 12.00h-14.00h. Es gibt einen, halbwegs funktionierenden Computer fuer vierzehn Schuelerinnen, was macht man also mit dieser recht grosszuegigen Zeitspanne also sinvoll?
Ich habe beschlossen, das Ganze spielerisch zu gestalten, da alles andere fuer alle furchtbar langweilig ist. Eine Namenliste mit „word“, die halbwegs ordentlich ist, benoetigt schon die komplette Zeit. Welchen Anspruch an Erfolgserlebnis/Lernerfolg setze ich also am besten?
Richtig einen sehr niedrigen. Mein Ziel ist es also die Maedchen mit der „Computerwelt“ vertraut zu machen und in Anbetracht ihrer Zukunft, versuche ich sie zu befaehigen, Worddokumente wie Bewerbungen, Briefe etc. zu fertigen. Meine Methodik ist es, den sonst eher frontal ausgerichteten Unterrichtsalltag aufzulockern und das Ganze spielerisch zu gestalten.
Zurueck zur Geschichte: Ich habe die Maedchen in zwei Gruppen aufgeteilt, um sich gegenseitig Briefe zu schreiben. Das „Tippen“ fuehrt im allgemeinen schon zur Belustigung, immer dann wenn der Computer nicht der vermeindlichen Eingabe der Schuelerinnen folgte, so fiel mir nicht sofort auf, dass der Grund eine meiner Schuelerinnen war. Selina ist ein sehr zierliches und junges Maedchen und wird oefter von den anderen angegangen. Als ich sah, dass sie den Traenen nahe war, wurde mir bewusst, was fuer ein Handicap es ist, nur so wenig Twi zu verstehen. Eigentlich habe ich als Regel aufgestellt, in meinem Unterricht Englisch zu sprechen und mich hinterher wieder dem Erlernen von Twi zu widmen, aber es ist nunmal ihre Sprache und wenn sie untereinander reden, kann ich das nicht immer verbieten. Dieses Erlebnis, fuehrte mir vor Augen, dass ich eben doch etwas abseits stehe und unglaublich aufmerksam sein muss. Ich rief also meine Maedchen zusammen und forderte von den betroffenen Personen eine Entschuldigung bei Selina, welche, zu meiner Ueberraschung und Freude, auch unverzueglich erfolgte. In einer anderen Situation wurde ich ebenfalls etwas deutlicher, als Gifty, eine Schuelerin aus der Abschlussklasse, waherend meiner Anwesenheit, sehr offensichtlich ueber mich sprach, was sie gerne von Schuerlinnen geschieht, die sich mir gegenueber „machtvoll“ zu positionieren veruschen, soweit reicht mein Twi dann aber doch, um das mitzubekommen, zum Glueck gibt es aber noch Koerpersprache und Mimik die es zu verbergen gilt. Inzwischen ist aber allen klar, dass ich jeden Tag mehr Worte lerne und sind dementsprechend achtsamer.

„Lasst mich doch auch einen Teller abtrocknen“...

„Madam Annika, setzen Sie sich“ und bevor ich mich wehren kann, steht ein Stuhl bereit, wenn noetig steht eine Schuelerin dafuer auf. Ja das ist sehr hoeflich und ich koennte mich fuehlen wie der Chief des Ortes.
Was aber ist, wenn ich viel lieber helfen wuerde, als euch bei der Arbeit zuzuschauen und staendig gegen dieses Bild ankaempfen zu muessen, welches sich in meinem Kopf zusammenspinnt, wenn ich sehe, dass die Maedchen arbeiten und Annika aus Deutschland sitzt auf einem Stuhl und schaut zu. Es ist wohl die Erinnerung an die Geschichte, der Beziehung zwischen „den Weissen“ und Afrika, die auch Ghana betroffen hat, die mir Schwierigkeiten bereitet. Ich moechte nicht bedient werden, auch werde ich das Gefuehl nicht los, als vermittle ich, aufgrund meiner Hautfarbe den Eindruck, nicht faehig zu sein um zu arbeiten.
Keine Chance, die Aufgaben sind klar verteilt, ich darf nicht helfen. Ab und zu „schnappe“ ich mir einen Teller und trockne ihn ab, meistens jedoch wird er mir nach wenigen Sekunden aus der Hand genommen und gegen einen Sitzplatz eingetauscht.
Zu besonderer Belustigung fuehrt es, wenn ich mir einen der speziell ghanaischen Besen schnappe um die ueberall haftende rote Erde zu beseitigen versuche. „Dann tragt mit eben meine Tueten oder meinen Loeffel bis zum Speisesaal“.
Nach und nach lerne ich diese spezielle Form von Hoeflichkeit und Respektbekundung zu akzeptieren und auch zu schaetzen.

Was macht mein „ich“ mit euch und was macht ihr mit meinem „Ich“?

Immer wieder stelle ich mir die Frage, was die Menschen hier in der Schule und im Ort wohl ueber meine Anwesenheit denken. Ich will das sie mich moegen, aber ich will das sie die Annika moegen die ich bin, nicht die, welche ich verkrampft versuche zu sein um alles richtig zu machen. Oder sollte ich fuer diese Zeit wirklich ein anderer Mensch sein, um mich nie an den Gegebenheiten zu reiben und es leichter zu haben?
Nein, das ist nicht der richtige Weg, ich kann nicht fuer zehn Monate eine Rolle einen andere Identitaet annehmen. Ich muss ich selber bleiben und dennoch die Menschen, und was sie tun, akzeptieren. Es ist eine Gratwanderung zwischen eigener Verleumdung und Einfindung in die Kultur. Es ist die Herausforderung, bereit zu sein, mein „Ich“ formen zu lassen, bis zu dem Punkt, an dem es aufhoert mir zu entsprechen.
Besonders werde ich diesbezueglich beim Thema Kirche und Glaube auf die Probe gestellt.
Es ist ueblich jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, an sich kein Fehler, aber Kirche in Ghana ist keine Sache von zwei Stunden. Die uebliche Laenge eines Gottesdienstes betraegt ca. vier Stunden. In einer Sprache die ich nur bruechig verstehe, in einer Lautstaerke die mein Trommelfell beben laesst und in einer absurden Art und Weise, die mir zuweilen Gaensehaut bereitet.
Weil ich mir aber denke, dass eine Erklaerung dessen, warum mir eigentlich nicht jeden Sonntag Kirche zumuten will, eher auf Unverstaendnis stoesst, „beisse ich eben in den sauren Apfel“ und trotte brav, in der, dort sehr wichtigen, traditionell ghanaischen Kleidung, mit meinen Maedchen in den Gottesdienst. Das ich stattdessen an manch einem Sonntagmorgen von Kopfschmerzen oder aehnlichen Beschwerden heimgesucht werde, erwaehne ich nur nebenbei.
Der Kirchbesuch gehoert fest zum Leben, aber das ist nicht alles
Glaube wird in Ghana gelebt, er ist allgegenwaertig, ein sprechendes Beispiel dafuer ist, dass vor oder nach einer Auto/Busfahrt, grundsaetlich gebetet wird und an den Fenstern Jesusbilder oder die Worte „We trust in Jesus“ zur „safe journey“beitragen, in einem Auto das seine besten Tage schon eine Weile hinter sich gelassen hat. Diese Dinge sind zum Teil belustigend, zum Teil auch nur schwer nachzuvollziehen.

Ich moechte mir jedoch dieses Thema fuer einen der naechsten Briefe aufheben und ausfuehrlich berichten, da es nicht moeglich ist, alles in wenigen Saetzen wiederzugeben und ich noch ein „Beerdigungswochenende“ mehr erleben moechte. In diesem Sinne, Fortsetzung folgt.

Mir ist bewusst, dass dieser erste Rundbrief einige Dinge nur fluechtig schildert und erzaehlt, so aber ein Abbild dessen ist, was ich in den ersten Wochen erlebt habe. Auch ich entdecke jeden Tag neue Dinge und Ghana haelt, da bin ich der festen Ueberzeugung, noch unzaehlige Ueberraschungen, Freuden und Enttaueschungen fuer mich bereit. Ich denke ein erster Eindruck ist so aber entstanden. Ich bin mir sicher, in meinem naechsten Bericht, von einer komplett anderen Situation und teilwesie Sichtweise berichten zu koennen. Dies ist der Beginn in einer neuen Welt und ich kann nicht leugnen, ab und zu gegen etwas traurige, von Heimweh durchsetzte, Momente ankaempfen zu muessen. Alles ist fremd und neu und ich bin auf der Suche nach einer gluecklichen Annika. Ich bin auf der Suche nach „Annika in Ghana“, hierbei werde ich taeglich vor neue Aufgaben und Herausforderungen gestellt, ich werde mit neuen Begegnungen kofrontiert und nicht zuletzt, der Begegnung mit mir selber in einer Lebenssituation die mich zuweilen an meine Grenzen bringt, bzw. mir aufzeigt wo sie sich befinden.
In diesem Sinne, bis Bald und vielen Dank fuer alle lieben Gedanken die von ueberall her zu mir nach Duayaw Nkwanta gerichtet sind, sie stellen eine unglaubliche Unterstuezung dar.

Akua Annika 




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